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«Ich liebe Begegnungen mit Menschen»

Hugo Couffin hat trotz seiner erst 37 Jahre eine äusserst belebte Vergangenheit. Zuletzt hatte es den gebürtigen Franzosen der Liebe wegen in die Schweiz verschlagen. Seit vier Jahren lebt er inzwischen zusammen mit seiner Frau Laura und
Tochter Ana in Frauenfeld, hier fühlt er sich «pudelwohl».

«Schwimme nicht gegen den Strom des Lebens – lass dich vielmehr mitreissen.» Diese Lebensphilosophie war stets Hugo Couffins Wegbegleiter – und damit ist er bisher bestens gefahren. Geholfen hat ihm dabei seine freundliche, offene und stets mit einem kleinen Schalk versehene Art. Wenn er sein Leben auf den kleinsten Nenner zusammenfassen müsste, wäre seine Antwort in etwa so: «Wenn du es am wenigsten erwartest, passieren fantastische Dinge, mit denen du nie gerechnet hast.»

«Entdecke jeden Tag etwas Neues»

So geriet seine Welt auch nicht aus den Fugen, wenn (wieder einmal) nicht alles nach Plan lief und Tage davon abwichen, wie er sie erwartet hatte. Couffin lebte mit steten Veränderungen, geregelte Komfortzonen waren ihm ohnehin lange fremd. Er vertraute ganz einfach darauf, dass ihm das Leben präzise Anweisungen geben würde, auch wenn er diese im ersten Moment vielleicht nicht als etwas Positives werten konnte. Aber er sah darin wertvolle Hinweise, dank stets offenen Augen und einer grossen Portion Empathie. Wichtig war ihm (und ist es heute noch) die Frage: «Wie mache ich meinen Alltag spannend?»

Ein «echter» Franzose mit Charme

Seine Kindheit verbrachte Hugo Couffin zusammen mit vier Geschwistern in der Region Aveyron im Norden Südfrankreichs. Gemeinsamkeiten seiner Heimatregion mit dem Thurgau sieht er mit dem Jakobsweg, der durch beide Gebiete führe sowie in der landschaftlichen Ähnlichkeit des Hinterthurgaus. Doch bis er im Thurgau sesshaft werden würde, waren ihm sowohl die Schweiz wie der Thurgau völlig unbekannt. Couffin wollte die weite Welt sehen, Land und Leute erleben. So entschied er sich nach seinem erfolgreichen «Baccalaureat» (Matura) zu einer Reise nach Argentinien, um sein Spanisch zu verbessern.

Als Weltenbummler unterwegs

Nach seiner Rückkehr besuchte er bei seinem Onkel, Inhaber einer Jazzschule, während zwei Jahren Unterrichtsstunden mit seiner E-Gitarre, noch nicht wissend, dass das Gitarrenspiel später einmal zu einem wesentlichen Lebensinhalt werden würde. Während einiger Zeit belegte er an der Universität in Toulouse verschiedene Studiengänge – sein Glück jedoch fand er im Studium nie. Ein Ausflug als Koch in die Welt hinter dem Herd endete bereits nach drei Tagen. Und so entschied er sich für den Zivildienst – ein Glücksfall für eine Person auf der Suche nach Lebenssinn. Als Zivildienstleistender für einen privaten Verein zur Förderung von Kindern in speziellen Situationen kamen ihm seine Wärme und sein Einfühlungsvermögen entsprechend entgegen. Als der Verein ein Pilotprojekt in Barcelona startete, zog es ihn ebenfalls in die spanische Metropole.

Ein spartanisches Leben

Und so wuchs ihm die Stadt mit ihren vielen kulturellen und architektonischen Sehenswürdigkeiten, mit ihrer Lage am Mittelmeer sowie mit dem Aufeinandertreffen von Menschen unterschiedlichster Nationalitäten so sehr ans Herz, dass er sich nach seinem Zivildienst entschloss, noch länger zu bleiben. Schon während seiner Arbeit hatte Hugo Couffin an den Wochenenden als Strassenmusiker mit Akustik-Gitarre und Gesang etwas Sackgeld dazuverdient. Als ihm ein Kollege einen Job als Barkeeper in einem English-Pub anbot, machte er kurz Kassensturz. Er überlegte sich: «Wenn ich mit Strassenmusik gleichviel oder mehr verdiene wie als Barkeeper, so entscheide ich mich für Musik. Ich muss einfach mindestens 600 Euro im Monat für meinen Lebensunterhalt verdienen.» Ermöglicht wurde dieses Budget dank spartanischer Lebensweise sowie einer günstigen Unterkunft in einer coolen WG.

Aktuell arbeitet Hugo Couffin als Gastgeber eines Foodtrucks auf dem Merkurplatz in Winterthur.

«Zu Hause in Frauenfeld ist das Glück bei meiner kleinen Familie komplett.»

Strassenmusik ist mehr als ein Job

Dem Start als Strassenmusiker konnte nichts mehr im Wege stehen. Von Mittwoch bis und mit Sonntag unterhielt er von nun an vorwiegend Touristen in der Umgebung des Picasso-Museums, eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Barcelonas. Ausgerüstet mit Gitarre und Mundharmonika spielte er jeweils drei Lieder, eines in französischer, eines in englischer und eines in spanischer Sprache. Nach dem Einsammeln seiner Tantiemen verschob er seinen Spielort, wo das gleiche Zeremoniell begann. Couffins Augen leuchten, wenn er über diese Zeit sinniert: «Lange wurden die Strassenmusiker geduldet und die Leute liebten die Unterhaltung, bis die Polizei mehr und mehr intervenierte und die goldenen Zeiten für Strassenmusiker schwanden.»

Ganz besonders erinnert er sich an seinen grössten Obolus: «Ein englischer Tourist bot mir 50 Euro, wenn ich ihm «House of the Rising Sun» spielen würde – was ich natürlich gerne getan habe…!» Eine Austauschstudentin aus der Schweiz verdrehte dem Lebenskünstler Couffin schliesslich den Kopf – nach einem Jahr Fernbeziehung zog es ihn in die Schweiz. Die Beziehung hielt allerdings nicht lange, was ihn zu einer vierteljährigen Reise nach Kolumbien bewog, um den Kopf wieder freizubekommen. Zurück in der Schweiz arbeitete Hugo Couffin in verschiedenen Funktionen in der Gastronomie.

Der Thurgau – die neue Heimat

Via Mitarbeiterkollegin in einer Zürcher Bar entstand schliesslich die heutige Beziehung mit Laura. Seither schlägt sein Herz Grün-Weiss-Gelb. «Jedes Mal, wenn ich in Attikon auf der A1 in Richtung Frauenfeld abbiege, empfinde ich ein spezielles Gefühl, so wie das Eintauchen in eine andere Welt», so Couffin. Das Leben hat den (erhofften/ersehnten) Fluss gefunden. «Das Leben meint es gut mit mir – beruflich wie familiär. Im Foodtruck habe ich meine kleine Welt. Diese im Griff zu haben, tut einfach gut. Und zu Hause in Frauenfeld ist das Glück bei meiner kleinen Familie ohnehin komplett.»

zum Autor: Urs Tiefenauer ist Inhaber der Text- und Konzept-Werkstatt in Weinfelden.

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